Handball-Oberligist SV 64 Zweibrücken ist gestern in die Vorbereitung gestartet. Was die Ziele der Löwen in der neuen Saison sind, hat uns Trainer Stefan Bullacher im Interview verraten.
Vor zwei Jahren hast Du Dich nach über 20-jähriger Trainerarbeit beim SV 64 verabschiedet, hast eine neue Herausforderung gesucht. Wie hoch hast Du damals die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt, so schnell wieder zu Deinem Heimatverein zurückzukehren?
Bei meinem Abschied habe ich mir überhaupt keine Gedanken über eine mögliche Rückkehr gemacht. Ich wollte als Trainer einfach meinen Horizont erweitern und etwas Neues kennen lernen. Die Rückkehr nach nur zwei Jahren war wirklich völlig unverhofft. Aber deshalb freue ich mich nicht weniger viele alte Freunde wieder zu sehen. Das hat natürlich schon etwas von „nach Hause kommen“.
Du hattest nach der Trennung vom TV Hochdorf im Winter auch lukrative Angebote von höherklassigen Vereinen. Was gab für Dich den Ausschlag, doch wieder zum SV 64 zurückzukehren?
Ich hatte mehrere reizvolle Anfragen, die allerdings jeweils mit einem Umzug einhergegangen wären. Mit einem Verein war ich eigentlich schon einig. Meine Frau Dunja und ich hatten dort ein Wochenende verbracht, um alles zu besprechen. Unser Eindruck von der Stadt, vom Verein und den Voraussetzungen war super positiv. Am Ende hätte ich aber meine Familie zu sehr vermisst und habe deshalb abgesagt. Erst danach hat mich das neue Vorstandsteam um Jürgen Knoch kontaktiert und mich für ihre Ideen begeistert. Wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir ähnlich ticken. Das hat auf Anhieb gut gepasst.
Siehst Du die erneute Zusammenarbeit längerfristig angelegt? Oder ging es nach der überraschenden Trennung von Tony Hennersdorf zu Saisonbeginn und dem Einspringen von Interimscoach Axel Koch vor allem darum, dem Verein zu helfen, die Lücke zu schließen?
Weder das eine noch das andere. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl jetzt erst mal irgendwelche Löcher stopfen zu müssen, aber ich plane auch nicht gleich die nächsten fünfzehn Jahre im Voraus. Wir wollen jetzt erst mal alle zusammen mit anpacken. Am Ende des Jahres werden wir uns in aller Ruhe zusammensetzen und besprechen wie die weitere Zukunft aussieht.
Vor zwei Jahren hast Du Dich mit dem Klassenverbleib in der 3. Liga verabschiedet. Nach dem Abstieg ein Jahr später läuft die Erste nun wieder in der Oberliga auf. Mit welchem Ziel gehst Du die neue Aufgabe an?
Es ist fast nicht zu glauben, aber von der damaligen Mannschaft, sind mit Philipp Hammann, Max Sema und Benni Zellmer lediglich noch drei Spieler übrig geblieben. Außerdem waren Benni Berz, Niklas Bayer und Tom Grieser als Jugendspieler im erweiterten Kader. Ich übernehme sozusagen eine neue Mannschaft. Unser erstes Ziel ist es natürlich eine gemeinsame Spielphilosophie zu erarbeiten. Wir wollen Stück für Stück zusammenwachsen und erfolgreich sein. Ich möchte jetzt nicht mit Tabellenplätzen jonglieren, sondern am Ende des Tages mit den Ergebnissen zufrieden sein.
Mit David Ötzel, Tobias Alt und Tom Ihl haben drei Spieler den Verein verlassen. Wie wichtig ist Dir die Kontinuität in der Kaderplanung?
Vor allem der Abgang von Tobias Alt tut natürlich sehr weh. Er hat eine überragende Saison gespielt und ich hätte ihn gerne behalten. Leider hat er seine Entscheidung bereits sehr früh getroffen. Es ist nicht gut, wenn wir solche Talente verlieren, weil sie wichtige Bausteine in einem komplexen Bauwerk sind. Eine Mannschaft ist wie eine junge Pflanze. Wenn mal ein großer kräftiger Baum daraus entstehen soll, macht es keinen Sinn ständig Blätter, Blüten und Äste abzuschneiden und gleichzeitig tonnenweise Dünger in den Boden zu kippen. Kontinuität ist ein großer Teil in der Erfolgsformel.
Dem SV 64 bleiben 12 Spieler aus der letzten Saison erhalten. A-Junior Philipp Meiser soll ein fester Bestandteil der ersten Männermannschaft werden. Giona Dobrani rückt nach der Jugendzeit in die erste Mannschaft auf. Zudem kehrt Thomas Zellmer nach seiner Spielertrainertätigkeit beim TV Homburg als Neuzugang zurück. Wie siehst Du die Mannschaft für die kommende Runde aufgestellt?
Der Kader ist sehr ausgeglichen und mit Bedacht zusammen gestellt. Wir haben ganz bewusst auf Neuzugänge verzichtet. Thomas ist ja mehr ein Rückkehrer, als ein Neuzugang. Wir wollten die extrem hohe Fluktuation der vergangenen beiden Jahre erstmal stoppen. Das Hauptaugenmerk lag ganz bewusst auf unseren eigenen Talenten, die eine hohe Vereinsidentifikation mitbringen. Falls es personelle Engpässe geben sollte, werden wir eben die Jungs aus der A-Jugend ins kalte Wasser werfen. Das hat auch in der Vergangenheit schon einige Male erfolgreich funktioniert.
Welche Jungs aus der A-Jugend können den Sprung in die Erste schaffen?
Philipp Meiser, Sebastian Meister und Felix Dettinger haben ja bereits bei Axel Koch sporadisch in der Oberliga gespielt. Das sind wirklich gute Jungs, die ihre Chance bekommen werden. Aber auch Fabian Naumann, Philipp Baus und Benedict Haubeil haben in der letzten Saison große Fortschritte gemacht und werden die Möglichkeit haben mit der ersten Mannschaft zu trainieren. Bei Nico Müller muss man abwarten. Er ist seit seiner Schulteroperation unter Belastung immer noch nicht schmerzfrei.
Wie wichtig war es für den Verein, dass die A-Junioren erneut die Quali für die Bundesliga geschafft haben?
Die Jungs haben eine atemberaubende Qualifikation gespielt. Sie sind als absoluter Außenseiter gestartet und haben am Ende alle Konkurrenten aus dem Südwesten hinter sich gelassen. Das war eine ganz starke Charakterleistung vor der ich nur meinen Hut ziehen kann. Dass wir am Ende der einzige Verein in Rheinland-Pfalz und im Saarland sind, der in der Bundesliga spielen darf, hat wohl alle Experten überrascht und macht uns alle sehr stolz. Mehr Alleinstellungsmerkmal geht nicht. Das war ein ganz starkes Signal für den Jugendstandort Zweibrücken.
Wirst Du neben Deiner Tätigkeit als Erstmannschaftstrainer auch wieder im Jugendbereich engagieren?
Ich werde wiederum das Amt des Jugendkoordinators ausüben. Damit habe ich den direkten Draht an die Basis und sehe schon frühzeitig welche Talente heranwachsen. Die Jugendarbeit ist die Grundlage für unseren Erfolg.
Was siehst Du beim SV 64 als langfristiges, realistisch zu erreichendes Ziel?
Wir wollen mit unseren Talenten als Leistungsträger so hoch wie möglich spielen. Dabei waren die vier Jahre in der 3.Bundesliga ein gelebter Traum, den wir natürlich gerne wiederholen würden. Es macht aber in der heutigen Zeit absolut keinen Sinn, langfristige Ziele in Form von Ligazugehörigkeiten festlegen zu wollen. Die Strukturveränderungen des Spielbetriebs sind einfach zu schnelllebig geworden. Vor nicht einmal zehn Jahren waren der Unterbau der zweiten Liga im Südwesten, die Landesverbände Saar, Pfalz und Rheinhessen mit einer reinen Amateurliga. Heute fahren wir bis nach München und an den Bodensee und messen uns gegen Teams deren Etats jenseits der 400 000 Eurogrenze liegen. Wir müssen auch in unserer Zielsetzung flexibel sein.
Dieses Gespräch führte Svenja Hofer.
Mit freundlicher Genehmigung Pfälzischer Merkur.