Seit 18 Jahren schon veranstaltet der SV 64 Zweibrücken seine Handball- und Ferienfreizeit für Kinder. Das „Camp 64“ ist eine Erfolgsgeschichte – stellt den Verein aber immer wieder vor große Herausforderungen.
Wenn es einen Beweis dafür gebraucht hätte, dass die Erfolgsgeschichte des „Camp 64“ schon viele, viele Kapitel lang ist, liefert ihn Stefan Bullacher ohne Absicht mit. Denn bei der Frage, die wievielte Auflage der viertägigen Handball- und Ferienfreizeit des Handballvereins SV 64 Zweibrücken gerade in den Osterferien stattgefunden hat, ist sich der Trainer nicht völlig sicher. „Ich glaube, es ist die Achtzehnte“, sagt Bullacher und muss schmunzeln.
Und er hat recht. Seit 18 Jahren können handballbegeisterte Kinder beim SV 64 Sport, Spiel und Spaß miteinander verbinden. Keine Bedenkzeit braucht der SV-Trainer dagegen bei der Frage, wie viele Kinder mitgemacht haben. Das Camp war mit 60 Teilnehmern ausgebucht – wie jedes Mal. Von Rodalben bis Riegelsberg kamen die elf bis 14-Jährigen nach Zweibrücken, um mit dabei zu sein. „Es gibt leider immer Kids, die wir auf das nächste Jahr vertrösten müssen. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir den Kindern nicht richtig gerecht werden können, wenn wir mehr aufnehmen“, sagt Bullacher.
Die Idee zu dem Camp sei dem ehemaligen SV-Jugendtrainer Martin Röhrig (heute HSC Coburg) gekommen. „Er hat schon Ende der 90er gesagt, dass eine Zeit kommen wird, in der die Kinder nicht mehr von sich aus in die Sportvereine kommen. Dass wir neue Wege gehen müssen und es nicht reicht, nur zwei Mal in der Woche ein Training anzubieten.“ Und Röhrig habe Recht gehabt. „Wenn alle hundert Jahre mal wieder eine Handball-WM in Deutschland stattfindet, wird auf einmal auf Biegen und Brechen versucht, den Sport populär zu machen. Und dann wundert man sich, dass solche Einmal-Aktionen nicht funktionieren. Man muss die Kinder beständig und aktiv von der Straße holen“, kritisiert der 50-Jährige.
Dass das Camp 64 sich so großer Beliebtheit erfreut, hängt auch mit den dort anwesenden Trainern zusammen. Denn die Übungsleiter, die die Kinder anleiten, sind „keine klassischen E-Jugend-Trainer“ (Bullacher). Neben dem A-Lizenzinhaber selbst und dessen Frau Dunja, die die B-Jugend-Mädchen des SV trainiert, war in diesem Jahr auch Martin Schwarzwald mit an Bord. Schwarzwald, der bis 2015 die Damen des SV 64 betreute, reiste aus Nordrhein Westfalen an. Dort ist er Trainer des TVB Wuppertal, mit dem er in dieser Runde lange um den Aufstieg in die erste Liga mitspielte. Auch SV 64-Damen Trainer Rüdiger Lydorf, A-Jugend-Bundesliga-Coach Klaus Peter Weinert und Steffen Christmann, Trainer und Jugendkoordinator beim designierten Drittliga-Aufsteiger TV Hochdorf vermittelten den Kindern ihr Wissen. Auf Taktik würde bei den Einheiten weniger Wert gelegt, sagt Bullacher, vielmehr gehe es um eine individuelle Ausbildung im spielerischen und technischen Bereich. Und zwar für Kinder jeder Leistungsstärke. Heutige Erst- und Zweitligaspieler wie Jerome Müller und Björn Zintel hätten das Camp „genauso geliebt wie reine Breitensportler“, sagt Bullacher. Bei der Einteilung der vier Trainingsgruppen würde vor diesem Hintergrund auch nach Leistungsstand unterschieden. „Es gibt nicht die ‚Elitegruppe‘ – und den Rest, aber wir schauen schon darauf, dass wir nicht unbedingt Auswahlspieler mit Kindern aus den Bezirksklassen zusammenlegen. Das kann die Kids auch frustrieren.“ Eine Trennung nach Geschlecht erfolgt aber nicht. Die aktuelle SV 64-Spielerin Annalena Frank sei „damals einfach so gut“ gewesen, dass sie „natürlich“ in die leistungsstärkste Gruppe gekommen sei, erzählt Bullacher.
Aber auch der Spaß kommt nicht zu kurz. Ein Ausflug ins Badeparadies, ein Comedy-Abend und ein Parcours, der an die ehemalige Gameshow „Takeshi’s Castle“ angelehnt war, brachten die nötige Abwechslung vom schweißtreibenden Sport. Die Rundumbetreuung und Verpflegung der Kinder stellt den Verein aber auch im 18. Jahr vor „eine gigantische Herausforderung“, berichtet Bullacher. 30 bis 40 Vereinsmitglieder, die sich zum Teil extra Urlaub nähmen, seien hinter den Kulissen am Werk. „Das ist ein Paradebeispiel für ehrenamtliches Engagement“, schwärmt der SV-Trainer, der auch die Unterstützung der Stadt, der Schulen und der Sparkasse Südwestpfalz lobt. „Ohne die könnten wir das Camp nicht anbieten.“ So dürften die Kinder etwa mit Isomatten und Schlafsäcken in den Klassensälen der Berufsschule schlafen. Für die Betreuung während der Nacht sorgten unter anderem die SV-Spieler Lucie Krein und Kian Schwarzer. „Die Kinder halten die beiden auch nachts auf Trab. Die schlafen vielleicht drei Stunden und sehen dann richtig abgekämpft aus“, sagt Bullacher lachend.
Die Weiterführung des Camps im nächsten Jahr sei gesichert. „Wir merken, dass es finanziell schwieriger wird als in der Vergangenheit, aber wir haben bis jetzt immer Wege gefunden. Und der Zuspruch und die Unterstützung sind einfach gigantisch“, sagt Bullacher. Es scheint also, als würde die Erfolgsgeschichte des Camp 64 noch um einige Kapitel reicher.
Text: Mirko Reuther