Nach dem Beschluss des DHB-Bundesrates, auch den Ligabetrieb der 3.Bundesliga zu beenden, informierte der geschäftsführende Präsident der Handball-Oberliga-RPS, Peter Josef Schmitz, die Verantwortlichen der Zweibrücker Löwen telefonisch über die Wertung der Oberligasaison 2019/20. Demnach findet die sogenannte Quotienten-Regelung Anwendung, bei der die erspielten Pluspunkte durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt werden. Somit sind die Handballer des SV 64 Zweibrücken nun auch offiziell Meister der Oberliga Rheinland-Pfalz-Saarland und Aufsteiger in die 3.Bundesliga.
Roman Kuhn unterhielt sich mit SV-Trainer Stefan Bullacher über die Meistersaison, die aktuelle Situation und die Aufgaben in der Zukunft.
Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Meisterschaft. Wie groß war der Stein, der vom Herzen gefallen ist - denn lange wurde beim DHB ja auch über eine Annullierung der Runde diskutiert?
Wir waren durch die beiden Präsidenten der Landesverbände Saar und Pfalz, Eugen Roth und Ulf Meyhöfer, immer sehr gut informiert, deshalb wussten wir schon seit zwei Wochen, dass die Entscheidung gegen eine Annullierung gefallen ist. Das war eine riesengroße Erleichterung für uns alle, denn bei unserem großen Vorsprung in der Tabelle gab es kein Szenario mehr, bei dem unser Aufstieg nach sportlichen Gesichtspunkten noch hätte scheitern können.
Ist die Quotienten-Regelung denn gerecht? Immerhin kann es durch den Spielplan zu Zerrbildern kommen, wenn zum Beispiel zwei Konkurrenten bis zum Abbruch gegen unterschiedlich starke Gegner gespielt haben.
Das ist eine Entscheidung mit großer Tragweite und viel Verantwortung, um die ich den DHB-Bundesrat nicht beneide. Es wird dadurch sicherlich auch tragische Härtefälle geben. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob die beiden anderen diskutierten Möglichkeiten, wie die Wertung der Hinrundentabelle oder das Ranking am Tag des Abbruchs, eine bessere Lösung gewesen wäre. Aber eines steht für mich völlig außer Frage – Eine Annullierung wäre eine große Ungerechtigkeit gewesen. Damit würden alle erfolgreichen Vereine bestraft und alle Teams, die ihre Ziele verfehlt haben, belohnt werden. Wir haben ja bereits ¾ der Saisonspiele absolviert. Die Planungen der Vereine, der Spieler und auch von uns Trainern orientieren sich an den Entwicklungstendenzen eines Saisonverlaufs. Unsere Jungs haben in 22 Spielen 21 Mal gewonnen. Wir waren bis zum Zeitpunkt der Unterbrechung, der erfolgreichste Tabellenführer seit der Gründung der RPS-Liga vor 18 Jahren. Wir können ja nicht so tun, als wäre das alles nicht passiert.
Wie fühlt es sich jetzt an ohne Zuschauer und Meisterparty aufzusteigen?
Natürlich haben wir uns das ganz anders erträumt. Von den Jungs hat ja jeder als Fan oder Spieler die ersten beiden Aufstiege hautnah erlebt. Das sind Momente fürs Leben, die du nie wieder vergisst. Auf der anderen Seite wurden wir in der laufenden Saison emotional reich beschenkt. Zwei tolle Derbysiege gegen die VTZ, ein Handballfest im Spitzenspiel gegen Saulheim, ein mehr als denkwürdiger 35:17-Sieg gegen den alten Rivalen Illtal. Die Ignaz Roth Halle war mit einem Zuschauerschnitt von 370 Besuchern pro Spiel immer voll besetzt. Deshalb mussten wir in die große Westpfalzhalle umziehen. Und auch dort unterstützten uns in sechs Begegnungen fast 6000 Handballbegeisterte. Diese Saison war auch ohne gemeinsames Happy End einfach großartig.
Apropos Aufstiege – Das war innerhalb der letzten acht Jahre der dritte Aufstieg mit dem SV 64 in Liga Drei. Was macht dieses Team so besonders gegenüber den anderen Meister-Mannschaften?
Jedes Aufstiegsteam war auf seine Weise ganz besonders. Der erste Aufstieg 2012 ist aus einer unbekümmerten Euphorie völlig ungeplant einfach passiert. Diese Jungs sind von einer Welle bis ins Ziel getragen worden und wussten am Ende gar nicht wie ihnen geschah.
2014 sind wir als Favorit gestartet und zwischendurch am Erfolgsdruck fast zerbrochen. Erst durch einen großen personellen Umbruch mitten in der Saison und natürlich 20 Siegen in Serie, sind wir am letzten Spieltag noch sensationell an Haßloch vorbeigezogen.
Das aktuelle Team hat sich mit unglaublich viel Fleiß und Geduld über zwei Jahre entwickelt. Das sind alles ehrgeizige, pflichtbewusste und zuverlässige Jungs, die nach einer sportlichen Tiefphase wieder besser zurückgekommen sind. Aus einer kollektiven Blockade haben sich starke Persönlichkeiten entwickelt – echte Gewinnertypen – darauf bin ich sehr stolz. Der Weg bis hin zur Meisterschaft war aber auch steinig. Zum Glück bekamen wir zum gemeinsamen Start ein Geschenk, dass es im Leistungssport heute nur noch selten gibt – Zeit.
Was bedeutet das konkret?
Im Kopf der Mannschaft, die ich nach meiner Rückkehr 2018 übernommen habe, spielte das Thema 3.Liga überhaupt keine Rolle mehr. Die Älteren waren nach dem bitteren Abstieg 2017 als Tabellenletzter und vielen schlimmen Niederlagen erstmal bedient. Und die erfolgsgewohnten jüngeren Spieler, haben nach Teilnahmen an den Deutschen Jugendmeisterschaften und der Jugendbundesliga ihren Sprung zu den Senioren auf die leichte Schulter genommen. Daraus entstand Unzufriedenheit und letztlich eine hohe personelle Fluktuation. 15 Spielerwechsel und vier Trainer in zwei Jahren sprechen eine deutliche Sprache. Deshalb haben wir von Anfang an die Entwicklung der Mannschaft in den Vordergrund gestellt. Das Ergebnis hat unsere Erwartungen allerdings deutlich übertroffen.
Die Mannschaft bleibt weitestgehend zusammen. Was ist das Ziel nach dem Aufstieg?
Das Gleiche wie vor dieser Saison. Wir sind nicht in die Runde gestartet um Meister zu werden. Wir haben uns in der Vorbereitung die vielen emotionalen Fotos von großen Siegen der jüngeren Vereinsgeschichte angeschaut. Diese Bilder wurden zu unserem Wegweiser. Wir wollten Handball zum Anfassen spielen, unsere Fans mitnehmen und begeistern, Gefühle auf dem Spielfeld ausleben. Wir wollten in der Halle Gänsehautmomente erzeugen. Für die Jungs steht das Erlebnis mit den Fans vor dem Ergebnis. Wenn man diesem Team eines glauben kann dann, dass es völlig authentisch ist. Die 3.Liga ist für uns ein Abenteuer und wir laden alle ein mit dabei zu sein.