Von vielen Unwägbarkeiten gesäumt war das abgelaufene Jahr für den SV 64 Zweibrücken. In dem es aber auch Lichtblicke gab. Nach der Hängepartie zu Beginn, ob oder wie die Saison der 3. Handball-Liga fortgesetzt würde, schließlich der Neustart im April im ungewöhnlichen Ligapokal-Modus, der Derbysieg bei der Pflichtspiel-Premiere gegen die HG Saarlouis, die dem SV 64 letztlich Platz zwei und damit ein Ticket für den DHB-Pokal sicherte. Die Partie gegen Bundesligist TuS Nettelstedt-Lübbecke und der Start in die laufende Mammutsaison der 3. Liga. SV-Trainer Stefan Bullacher blickt im Interview auf die vergangenen Monate zurück, spricht über die starke Konkurrenz in der Staffel F, über das bisherige Abschneiden seines Teams und über seine eigene Corona-Erkrankung.
Herr Bullacher, es liegt ein weiteres von Corona geprägtes Jahr hinter uns. Eines, das für den SV 64 und auch für Sie persönlich mit Hochs und Tiefs gespickt war. Wenn Sie an 2021 zurückdenken, welche Erinnerung, welches Gefühl taucht da zu allererst auf?
STEFAN BULLACHER Der Derbysieg zum Ende der letzten Saison gegen Saarlouis und die damit verbundene Qualifikation für den DHB-Pokal. Das eigentliche Pokalspiel in der Westpfalzhalle gegen den ehemaligen Europokalsieger TuS Nettelstedt bleibt als besonderes Erlebnis für die Vereinschronik.
Sportlich hätte sich das Drittliga-Team sicher einen netteren Jahresabschluss gewünscht als die Niederlage in Saarlouis (20:29) – und vor allem die weiteren Verletzungen. Wie fällt Ihr Fazit der bisherigen Runde in der Staffel F der Mammutliga aber insgesamt aus?
BULLACHER Wir haben uns bisher zwölf Punkte erkämpft und damit unsere Erwartungen übertroffen. Wir stehen in der Tabelle vor Haßloch, Friesenheim/Hochdorf II, Großsachsen, Oftersheim/Schwetzingen und der TGS Pforzheim. Das hätten uns vor der Saison wohl nur die wenigsten zugetraut. Darauf können wir stolz sein.
Schon vor dem Rundenstart war allerdings klar, dass es in diesem Jahr für viele Mannschaften nur um den Klassenverbleib gehen wird. Das war bei dem Modus, in dem von 82 Teams sage und schreibe 26 absteigen müssen, abzusehen. Hatten Sie sich dennoch nach der starken Vorsaison im Ligapokal erhofft, in der Staffel F etwas weiter vorne mitmischen zu können?
BULLACHER Nein, ganz im Gegenteil. In unserer Staffel nehmen fast nur Mannschaften mit höheren Ambitionen teil. Wenn ich mich richtig erinnere, waren wir der einzige Verein, der nicht einen Platz unter den ersten Sechs als Saisonziel angegeben hat.
Der SV 64 überwintert nun als Siebter in Schlagdistanz zum rettenden Ufer. Wie groß sehen Sie die Chancen, den Nichtabstieg noch in der Hauptrunde klar machen zu können?
BULLACHER Es stehen noch acht Spieltage aus und wir haben nach Minuspunkten zwei Zähler Rückstand auf den sechsten Platz. Wir waren bisher sehr gut damit beraten, so unaufgeregt wie möglich an die Sache heranzugehen. Am Ende spielen dabei die Tagesform oder das Verletzungspech eine unkalkulierbare, aber entscheidende Rolle.
Sollte es dann doch in die Abstiegsrunde gehen, kann dann alles passieren oder sehen Sie Ihre Mannschaft in einer guten Ausgangsposition?
BULLACHER Die sogenannte Abstiegsrunde – ich nenne sie lieber Qualifikationsrunde – ist auch ein kleines Lotteriespiel. Idealerweise kommt man mit einer Mannschaft aus der eigenen Staffel zusammen, gegen die man vorher bereits gewonnen hat, weil man diese Punkte mitnimmt. Und es könnte unschön sein mit Reserveteams aus der Bundesliga in einen Pool zu kommen. Durch die U23-Regel, die es merkwürdigerweise nur für Bundesligavereine gibt, könnten gestandene Profis plötzlich den Wettbewerb in der 3.Liga verzerren.
Ihre Mannschaft ist in dieser Runde stark vom Verletzungspech gebeutelt. Benni Zellmer, Christopher Huber, Marko Ivankovic, nun auch noch Tim Götz und Niklas Bayer – wie schwer wiegen diese Ausfälle? Gibt es Möglichkeiten, eventuell personell nachzulegen?
BULLACHER Der Spielermarkt ist leergefegt. Wir hatten viele Berater kontaktiert, aber die entsprechenden Kandidaten entsprachen nicht unserem Anforderungsprofil oder waren schlicht viel zu teuer. Im häufigsten Fall sogar beides zusammen. Wir haben in unseren jetzigen Kader großes Vertrauen und hoffen, dass wir von weiteren Rückschlägen verschont bleiben.
Demnach bleibt auch das Torhhütergespann Dörr/Sema nach dem Weggang von Ivankovic und der kurzzeitigen Aushilfe von Mate Volarevic die Lösung für die Restsaison?
BULLACHER Ja.
Mit Kevin Knieps hatte der SV 64 vor der Runde nur einen echten Neuzugang, Philipp Kockler, Peter Gohl und Fabian Naumann waren bereits seit Jahresbeginn bei der Mannschaft, haben schon im Ligapokal mitgewirkt. Wie haben sie alle sich ins Team eingefügt?
BULLACHER Kevin ist ein echter Gewinn. Er belebt unser Angriffsspiel, wirft viele Tore und schafft Räume für die Rückraumspieler. Er ist auch neben dem Platz eine Bereicherung. Philipp entwickelt sich rasant. Seine Leistungen werden immer besser. Er ist das Paradebeispiel dafür, dass sich bei uns junge Spieler hervorragend entwickeln. Peter hat schon in der letzten Runde auf sich aufmerksam gemacht. Er musste aber durch seine Fußverletzung über drei Monate pausieren und hat die komplette Vorbereitung verpasst. Er ist erst im Oktober wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Das war natürlich für seine Entwicklung nicht optimal. Fabian füllt seine Rolle gut aus. Er ist geduldig und bekommt immer wieder seine Einsätze.
Mit Tobias Alt, Marc-Robin Eisel, Kian Schwarzer und Tim Schaller hatten Euch starke Spieler vor der Runde verlassen. Konntet Ihr die entstandenen Lücken füllen? Und verfolgen Sie, wie sich die ehemaligen SVler in ihren neuen Vereinen schlagen?
BULLACHER Sportlich haben Tim und Marc Robin bei uns sicher die größte Lücke hinterlassen. Da wir uns bei unseren Spielen gegen Oftersheim/Schwetzingen und Friesenheim/Hochdorf II in der gleichen Liga begegnen, bin ich über ihre Entwicklung natürlich auch informiert.
Wie kräftezehrend waren die vergangenen Monate, mit schon einem Jahr Pandemie auf dem Buckel, mit dem ständigen Auf und Ab – zwischen Pause und Spielen, mit den ständig wechselnden Modi und Verordnungen?
BULLACHER Im Gegensatz zu anderen trage ich das mit einer gewissen Fassung. Ich denke die schwierigste Phase war die Zeit, in denen wir trainiert haben, aber keiner wusste, wann es mit der Saison weiter geht. Das hat aber eher die Spieler beschäftigt.
Wie einschneidend war für Sie persönlich Ihre Corona-Erkrankung? Haben Sie sich mittlerweile vollständig davon erholt?
BULLACHER Ich hatte mich nach meiner Doppel-Impfung in Sicherheit gewogen. Das war leider ein Irrtum. Meinen Krankheitsverlauf mit schweren Symptomen wünsche ich keinem. Ich bin immer noch nicht wieder voll belastbar und kann nur jedem raten, sich impfen beziehungsweise boostern zu lassen.
Wie war für Sie das Gefühl, nach so langen Jahren als Coach, das Ruder für drei Wochen komplett abgeben zu müssen?
BULLACHER Ich liebe die Arbeit mit den Jungs. Aber ich habe in dieser Zeit mit Schüttelfrost, Fieber, Atemnot und totaler Erschöpfung das Bett gehütet. Deswegen habe ich mir darüber gar nicht so viele Gedanken machen können.
Wie gut hat der Verein die nun fast zweijährige Pandemie bislang finanziell gesehen verkraftet?
BULLACHER Wir haben wie alle Vereine erhebliche Einbußen. Aber bei uns wird hervorragend gewirtschaftet. Deshalb können wir weiter verlässlich planen.
Welche Schlagzeile würden Sie im Sportjahr 2022 gerne lesen?
BULLACHER „Handballer des SV 64 Zweibrücken starten in ihre siebte Drittligasaison“
Die Drittliga-Mannschaft des SV 64 Zweibrücken startet an diesem Montag nach zweiwöchiger Pause wieder mit der Vorbereitung auf die Restsaison. Das erste Spiel des Jahres bestreitet das Team von Trainer Stefan Bullacher am Samstag, 15. Januar, 18 Uhr in der heimischen Westpfalzhalle gegen den Tabellendritten SG Pforzheim/Eutingen.