Mit einem sensationell anmutenden 28:20 (12:4)-Auswärtssieg beim Tabellenfünften TGS Pforzheim kehrten die Zweibrücker Löwen am Samstagabend aus der Goldstadt Pforzheim zurück. Die Grundlage für den höchsten Saisonsieg legten die 64er dabei mit einer überragenden Abwehrleistung. Wobei Ladi Kovacin im SV-Tor einmal mehr auch überragend hielt, den starken Gastgeberrückraum mit seinen Paraden mehr als eine ganze Halbzeit lang „nervte“. 0:6 nach elf Spielminuten oder 1:11 nach 22 Spielminuten waren hier die bemerkenswerten Zwischenstände einer an diesem Abend deutlich überlegenen Zweibrücker Truppe.
„Wir sind heute sehr demütig nach Pforzheim gefahren, hätten nach der klaren Hinspielniederlage nie damit gerechnet hier zu gewinnen“, war SV-Trainer Stefan Bullacher nach diesem extrem wichtigen Auswärtssieg seiner Mannschaft sehr zufrieden. Nachdem seine Mannschaft in der letzten Woche noch sehr nervös agiert hatte, der Druck des unbedingt Gewinnen-Müssens die junge SV-Truppe merklich hemmte, spielten sie am Samstagabend „locker drauf los“ und überraschte damit insbesondere auch den etwa 20 Personen starken Zweibrücker Fan-Tross unter den 650 Zuschauern in der neuen Halle mitten in der Pforzheimer Innenstadt.
Wie sehr sich Andrej Klimovets, 2007er Weltmeister und Trainer der TGS Pforzheim, über die lasche Spielweise seiner Mannschaft ärgerte, war zunächst nur zu erahnen. Sein erstes Team-Time-out nahm er in der achten Spielminute. Zu diesem Zeitpunkt lag seine Mannschaft mit 0:4 im Hintertreffen. Bemerkenswert war dann allerdings schon, dass er in der 22. Spielminute bereits seine zweite Auszeit nahm. Bis dahin hatte es seine Mannschaft gerade einmal geschafft, Ladi Kovacin im SV-Tor zu überwinden. Als Klimovets in der 20. Spielminute eine Schiedsrichterentscheidung lautstark kritisierte, hatte er vom Schiedsrichtergespann Kraaz / Rupp zunächst die gelbe Karte – und als er weiter meckerte sogar eine Zeitstrafe erhalten.
Seinen wahren Frust äußerte er dann jedoch anlässlich der Pressekonferenz im Foyer der neuen Bertha-Benz-Halle. „Heute habe ich meine Mannschaft nicht gesehen“, sagte Klimovets. „Dabei hatte ich sie in der letzten Woche immer gewarnt!“
In die gleiche Kerbe schlug auch TGS-Mannschaftsverantwortlicher Erich Wolf, als er feststellte: „Wir haben heute nicht verstanden, dass man in dieser 3. Liga auch gegen einen Abstiegskandidaten zu Hause vorgeführt werden kann“, und kritisierte dabei ebenfalls die Einstellung bei den Pforzheimer Spielern. Dass mit Valentin Hörer deren erfahrener Spielmacher krankheitsbedingt nicht mitwirken konnte, dürfte den SVlern allerdings schon in die Karten gespielt haben.
In der Tat war es der jungen SV-Truppe gelungen, den Gastgebern von Anfang an den Schneid abzukaufen. Mit einer aggressiven 3:2:1-Abwehrformation gelang es den Zweibrücker Löwen immer wieder, enormen Druck aufzubauen, den starken Pforzheimer Rückraum derart unter Druck zu setzten, dass dieser auch immer wieder in passives Spiel verfiel.
Lediglich in der Schlussphase der ersten Hälfte, als Klimovets seinen bundesligaerfahrenen Schlussmann Daniel Sdunek für Jonathan Binder brachte, trafen die 64er nicht mehr so selbstverständlich. Während einer Zeitstrafe gegen Tim Burkholder erzielten die Gastgeber dann ihre beiden letzten Tore zum 4:12-Halbzeitstand.
Die Pforzheimer hatten zwar im bisherigen Saisonverlauf durchaus schon die eine oder andere Heimniederlage erlitten, in dieser Weise waren sie allerdings noch nie „unter die Räder“ gekommen. Nur vier Tore – und dabei keines vom bislang überragenden Torjäger Florian Taafel, waren Beleg für die Unzufriedenheit der Gastgeber, aber an diesem Abend auch für die Qualität der Zweibrücker Abwehrarbeit.
Juniorennationalspieler Robin Egelhof, als unmittelbarer Gegenspieler Taafels, war hier neben Max Sema, der den rechten Rückraumspieler Filip Prsa „bearbeitete“, einer der Garanten für den tollen Start in dieses Spiel, das alleine schon wegen der „Kieselbronner Gugge Gaiße“ auf der Tribüne und der von ihnen produzierten Stimmung ein besonderes Spiel war.
Und auch nach dem Seitenwechsel spielten die Zweibrücker Löwen souverän weiter, bauten ihre Führung durch einen feinen Dreher Robin Egelhofs, einen weiteren Treffer des starken Max Sema vom Kreis sowie einem Tor Tim Burkholders in Unterzahl zum 4:15-Zwischenstand in der 36. Spielminute aus.
„In der Halbzeit haben wir uns gesagt, dass heute etwas gehen könnte“, gab Bullacher nach dem Spiel auch etwas Einblick in die Gemütslage seiner jungen Mannschaft, die in Pforzheim ihre beste Saisonleistung „abrief“, obwohl sie zuletzt völlig verunsichert gewirkt hatte, auch in der letzten Woche verletzungs-, krankheits-, witterungs- und abiturstressbedingt nur ganz eingeschränkt trainieren konnte. An diesem Wochenende ging auch ihre Taktik auf, den starken Pforzheimer Innenblock, bestehend aus dem bundesligaerfahrenen Kreisläufer Christian Heuberger und Florian Taafel, auseinanderzuziehen. Ganz stark dabei auch SV-Kreisläufer Max Sema, der fünf Tore beisteuerte und dieses Mal ohne Fehlversuch blieb.
Als die Zweibrücker Löwen der 44. Minute immer noch mit 10:19 vorne lagen, sie auch weiterhin Lücken in der sonst so starken Pforzheimer 6:0-Abwehrformation fanden, machte sich die Hoffnung breit, dass ihnen in Pforzheim ein weiterer Auswärtssieg gelingen könnte. Angefeuert von einer 30 Mann starken Gruppe „Guggemusiker“, die in der mit 650 Zuschauern gut gefüllten Bertha-Benz-Halle für tolle und laute Stimmungsmusk sorgten, kämpften die Gäste gegen die drohende fünfte Heimniederlage an. Ohne Erfolg allerdings, wie der weitere Spielverlauf bis zur 53. Spielminute belegte. Philipp Prsa hatte hier gerade durch einen Doppelschlag zum 16:24-Zwischenstand aus Pforzheimer Sicht verkürzt, als Christian Heuberger, vor der Saison vom Bundesligisten TVB Stuttgart zur TGS Pforzheim gewechselt, eine doppelte Zeitstrafe erhielt. Jetzt spätestens waren die 64er auf Auswärtssieg gepolt, wollten sie unbedingt diesen fünften Saisonsieg und damit im Abstiegskampf ein Ausrufezeichen setzen, nachdem es aus ihrer Sicht zuletzt wirklich nicht gut gelaufen war.
Der vielleicht erwartete Einbruch kam in diesem Spiel jedenfalls nicht. Vielmehr zogen die Zweibrücker Löwen „ihr Ding durch“, wobei Nils Abel, der Vertreter des weiterhin verletzten Philipp Hammann, in der Abwehr erneut überzeugte, im zweiten Durchgang aber auch gegen Sdunek zweimal von Rechtsaußen traf.
Eine insgesamt gesehen sehr gelungene Vorstellung der SV-Truppe, die auf hohem Niveau begann, anders als zuletzt aber dieses Mal nicht einbrach, sondern ihr tolles Spiel konsequent durchzog.
„Heute sind wir einfach nur froh, dankbar und stolz auf unsere Leistung“, schloss Bullacher seine Ausführungen bei der Pressekonferenz im Foyer der Halle, womit er die gelöste Stimmungslage auf Zweibrücker Seite sehr treffend umschrieb.
Am kommenden Samstag erwarten die 64er nun den Aufsteiger HC Oppenweiler/Backnang in der Westpfalzhalle und wollen da an die gute Leistung des Pforzheim-Spieles anknüpfen.
Auf einen Blick:
TGS Pforzheim.: Jonathan Binder und Daniel Sdunek (ab der 22.) im Tor – Philipp Prsa 4, Fabian Dykta, Florian Taafel 5/2 – Marco Kikillus 4/1, Hagen Körner – Christian Heuberger 1 – Davor Sruk 2, Nils Brandt 2, Arian Enders 1, Florian Rost 1, Guillem Miro Gea.
SV 64 Zweibrücken: Ladi Kovacin und Alessandro Lehr (n. e.) im Tor – Robin Egelhof 5, Tim Burkholder 3, Aris Wöschler 5 – Nils Abel 2, Benni Zellmer 4 – Max Sema 5 - Florian Enders 4/1, Jonas Denk, Marcin Waryas, Tobias Alt.
Zeitstrafen: 6:10 Min., Siebenmeter: 5/3 – 2/1, Zuschauer: 650, Schiedsrichter:
Frank Kraaz / Matthias Rupp (Deizisau / Weinstadt).