Vor eineinhalb Jahren hat Stefan Bullacher – nach über 20 als Trainer der Handballherren des SV 64 Zweibrücken Abschied genommen. Ab der kommenden Saison steht der 49-Jährige nun wieder bei seinem Heimatverein an der Seitenlinie, übernimmt dann den Trainerposten bei dem Oberligisten von Interimscoach Axel Koch.
Herr Bullacher, ab der kommenden Saison heißt der Trainer der SV64-Herren wieder Stefan Bullacher. War die Rückkehr zu Ihrem Heimatverein nach dem Abschied aus Hochdorf vor einigen Tagen in der jetzigen Situation die logische Folge für Sie?
Stefan Bullacher: Als erstes muss ich sagen, dass mir mein Rücktritt beim TV Hochdorf sehr schwer gefallen ist. Die Zusammenarbeit mit den Spielern und dem Vorstand, vor allem mit Christian Deller als Vorsitzendem, war wirklich vorbildlich. Da sind im Laufe der Zeit viele Freundschaften entstanden und ich behalte meine Tätigkeit dort absolut in positiver Erinnerung. Wir hatten intern nie ein Problem miteinander und die Loyalität der Verantwortlichen, trotz fehlender sportlicher Erfolge, hat mich sehr beeindruckt. Durch die unfassbare Verletzungsmisere habe ich am Ende die Verantwortung für eine Situation übernommen, für die eigentlich niemand etwas konnte. Über meine Zukunft habe ich mir dabei absolut keine Gedanken gemacht.
Was gab dann letztlich den Ausschlag für die Zusage beim SV 64, wo es ja auch sportlich interessante Angebote von anderen Vereinen gab?
Bullacher: Ich hatte in den vergangenen Wochen viele sportlich und finanziell sehr lukrative Angebote, die ich eigentlich bei normalem Menschenverstand niemals hätte ablehnen können. Die meisten Anfragen würden für mich aber einen Umzug aus Zweibrücken, und somit weg von meiner Familie, bedeuten. Meine Frau Dunja, unsere drei Kinder und ich haben diese Möglichkeit lange diskutiert und wir sind am Ende zur Erkenntnis gekommen, dass Geld und hohe Spielklassen nicht alles im Leben bedeuten. Wir sind eine glückliche Familie und die Zeit war einfach noch nicht reif für so einen gravierenden Schritt. Zu den Anfragen aus unserer Region gesellte sich seit Anfang letzter Woche dann auch die Möglichkeit, wieder beim SV 64 tätig zu sein. Nachdem ich mir ein paar Tage Bedenkzeit erbeten habe, sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass eine Rückkehr in die Heimat emotional alternativlos ist. Ich hätte niemals für eine besser dotierte Stelle einem anderen Verein aus unserer Nähe zugesagt. Unterhalb einer Anfrage aus der zweiten Bundesliga stand für mich der SV 64 auf jeden Fall an erster Stelle.
Sehen Sie diese Rückkehr als längerfristiges Engagement oder geht es nun vor allem darum, nach der Trennung von Tony Hennersdorf zum Saisonbeginn und dem Einspringen von Axel Koch diese Lücke bei den SV-Herren zu schließen?
Bullacher: Ich mache mir um die Laufzeit unserer Zusammenarbeit zurzeit überhaupt keine Gedanken. Wir haben auch früher immer nur von Jahr zu Jahr geplant. Ich freue mich einfach auf die neue Saison. Axel kann ja aus beruflichen und familiären Gründen das Amt des Trainers nicht weiter fortführen. Tony war mein Wunschkandidat als Nachfolger und es tut mir sehr leid, dass das nicht geklappt hat. Er hat in der Jugend beim SV 64 eine herausragende Arbeit geleistet. Ich schätze ihn als Menschen und Trainer sehr und kann mir kein Urteil erlauben, warum das schief gegangen ist. Jetzt muss ich mir erst einmal einen Überblick über die sportliche Situation verschaffen und werde dann an den entsprechenden Stellschrauben drehen.
Nach 21 Jahren als Trainer hatten Sie sich 2016 mit dem Verbleib in der 3. Liga vom SV 64 verabschiedet und beim TV Hochdorf eine neue Herausforderung gesucht. Inzwischen spielen die Zweibrücker wieder in der Oberliga, viele Toptalente haben den Verein verlassen. Was reizt Sie dennoch an der Aufgabe, wo Sie mit Ihrem Heimatverein ja schon mehr erreicht haben, als Sie bei Ihrer ersten Amtsübernahme 1994 zu träumen gewagt hätten?
Bullacher: Ich hatte wirklich nicht mehr vor, in der Oberliga tätig zu sein. Wir haben beim SV 64 gewiss schon erfolgreichere Zeiten erlebt, das ist mir bewusst. Die Chance – uns auch entgegen der saarländischen Verbandspolitik – als Nummer zwei hinter der HG Saarlouis zu positionieren haben wir in den letzten Jahren verpasst. Dennoch sind wir in der Jugend im Saarland immer noch die Nummer eins. Axel hinterlässt mir bei den Herren eine völlig intakte Mannschaft. Darauf lässt sich aufbauen und bei guter Talentförderung, wird der Verein in Zukunft auch wieder überregional auf sich aufmerksam machen können.
Glauben Sie, es wird schwierig, nach dem Abschied vor eineinhalb Jahren wieder in die Mannschaft und den Verein reinzufinden oder ist es eher ein vorfreudiges Gefühl des Nach-Hause-kommens?
Bullacher: Der Kontakt ist ja zu keinem Zeitpunkt abgerissen. Unser Leben in dieser außergewöhnlichen Vereinsfamilie ging ja auch nach meinem Wechsel nach Hochdorf weiter. Ich fühle mich im Kreise meiner Freunde wohl und das hat schon so etwas von „Nach-Hause-kommen“. Bei allem sportlichen Ehrgeiz sind mir die Menschen am wichtigsten.
Mit welchem Ziel gehen Sie die „neue“ Aufgabe beim SV 64 an? Das Gesicht der Mannschaft hat sich seit Ihrem Weggang stark verändert, mit Marc-Robin Eisel hat gerade das nächste Toptalent seinen Weggang verkündet.
Bullacher: Ich möchte unsere Talente genau da abholen, wo sie zurzeit sind. Mit Jerome Müller, Björn Zintel und Robin Egelhof haben drei ehemalige Jungs von mir den Weg in die Bundesliga gefunden, darauf bin ich sehr stolz. Ich habe allen drei Spielern zum entsprechenden Zeitpunkt ihrer Karriere auch zu diesem Schritt geraten. Tim Burkholder hat 2014 eine „überhastete Entscheidung“ Richtung Balingen getroffen, von der ich ihm damals abgeraten habe. Das Ergebnis ist bekannt. Bei Marc-Robin bin ich mir auch nicht sicher, ob seine kurzfristige Ausrichtung in der jetzigen Phase seiner Entwicklung die richtige ist. Das wird die Zukunft zeigen. Für mich steht der Spieler als Ganzes immer im Vordergrund. Der Erfolg einer Mannschaft ist oft eine logische Konsequenz der langfristigen Förderung von Talenten.
Wo sehen Sie die Zukunft des SV 64 Zweibrücken?
Bullacher: Wir könnten jetzt auf ganz hohem Niveau jammern und auf die Erfolge der Vergangenheit mit Nationalspielern und Teilnahmen an deutschen Meisterschaften hinweisen. Leben nach dem Motto „früher war alles besser“ ist wahrscheinlich der schlechteste Berater, den wir zurzeit finden können. Fakt ist auf jeden Fall, dass der SV 64 nach wie vor eine tolle Jugendarbeit betreibt. Es gibt viele talentierte Spieler und in der ersten Mannschaft steckt unheimlich viel Potenzial. Das neue Vorstandsteam um Jürgen Knoch versprüht eine unglaubliche Energie und ihr Tatendrang hat mich direkt begeistert. Ich möchte mithelfen, den Verein weiter zu entwickeln. Der Weg der kleinen Schritte hat uns auch früher schon gut zu Gesicht gestanden und war vor allem erfolgreich. Wenn wir in Zukunft durch viel Fleiß, Geduld und gute Ideen noch einmal an die Tür der 3. Bundesliga anklopfen könnten, wäre das eine tolle Entwicklung.
Dieses Gespräch führte Svenja Hofer.
Quelle: Pfälzischer Merkur vom 18.12.2017